In der Midlife-crisis kann unsere ganze, männliche Welt zusammenbrechen. Ein Herzinfarkt, eine Affäre oder Kündigung des Jobs … alles kann auf den Kopf gestellt werden. Und selbst, wenn augenscheinlich nichts Großes im Außen passiert, unsere inneren, maskulinen Welten geraten gehörig in Aufruhr … und das ist gut so.
Jeder Mann in seiner Lebensmitte erlebt auf die eine oder andere Weise diesen Umbruch. Wenn die Kinder ihren Weg gehen und die Partnerin vielleicht ihre eigene Karriere verfolgt, werden wir gezwungen unser Leben neu auszurichten. Wir Männer wehren uns oft dagegen. Wir wollen uns nicht unbedingt verändern. Das ist meistens unbequem und anstrengend. Außerdem wollen wir weiter unsere eingeübten Rollen spielen: Den Macher im Beruf, den Herren im Haus, den coolen Vater, den potenten Liebhaber usw.
Aber das funktioniert nicht. Und wenn wir uns nicht freiwillig auf den (inneren) Weg machen, dann wirft uns eben das Leben selbst Prügel zwischen die Beine und wir müssen auf die harte Tour lernen.
Unsere Innenwelt fordert uns auf einen neuen Weg zu gehen. Kein Kämpfer oder Krieger sein. Kein Messen von Schwanzlängen.
In der zweiten Lebenshälfte geht es um das, was C.G. Jung die „Anima“ genannt hat. Es geht u.a. um Kommunikation, Gefühle, Empathie, Einfühlungsvermögen und nicht zuletzt um Sinnlichkeit (also ein ganzheitliches Erfahren der erotischen Energie).
Der kämpferische Held hat Pause. Der König will auf den Thron steigen.
In der ersten Lebenshälfte haben wir die Weiblichkeit hauptsächlich über die Frauen in unserem Leben erfahren. Zu Beginn natürlich über die eigene Mutter, später über Freundinnen und Partnerinnen.
Jetzt möchte das Weibliche in unserem Inneren erforscht und erweckt werden. Das ist für uns Männer lebenswichtig um „ganz“ zu werden.
Ist das einfach? Nein. Macht es Angst? Ja.
Die Anima bringt unser männliches Selbstbild gehörig ins Wanken. Sie verlangt es hinter die Masken zu schauen und die lächerlichen Rollen aufzugeben. Und es kann weh tun sich selbst nackt im Spiegel zu betrachten. Alte Muster und Ängste steigen dabei hoch.
Gerade wir Männer sind so tief mit unserer Mutter verbunden, der ersten Frau in unserem Leben. Viele Männer schaffen es ihr Leben lang nicht diese Nabelschnur zur Mutter zu durchtrennen. Die Anima in uns lässt diese uralten Mutterbilder und Abhängigkeiten wieder an die Oberfläche steigen. Und je mehr wir als Männer versuchen unsere weiblichen Anteile zu verdrängen, desto stärker (und negativer) brechen diese nach außen.
Dann werden wir Männer reizbar, eifersüchtig oder empfindlich. Wir reagieren unseren Partnerinnen gegenüber wie ein beleidigtes Kind, wenn diese zu einer uns so bekannten Nörgel- und Beschwerdentirade anheben. Wir ziehen uns zurück, drehen den Fernseher an und schweigen. Dabei ist es nur unsere innere Weiblichkeit, die sich in unserer Lebensmitte einen Weg bahnen will. Die Anima will gehört werden, gesehen werden, geliebt werden. Unsere Partnerinnen helfen uns dabei neue Wege zu gehen … wenn wir die Hilfe annehmen.
Die Midlife-crisis will uns Männer lehren wieder wahrhaft zu lieben und mit dem Kämpfen aufzuhören.
Viele Partnerschaften zerbrechen in dieser Zeit. Wir Männer neigen eben dazu unsere eigenen, inneren Probleme nach außen zu projizieren. Wir haben in vielen Fällen keine Probleme mit der Frau an unserer Seite, wir haben Schwierigkeiten mit unserer inneren Anima, unserer Weiblichkeit. Unsere Herausforderung dabei ist es diese Gefühlsstürme auszuhalten. Kein Flüchten und kein Kämpfen mehr, sondern ein Sich-Verletzlich-Zeigen.
Unsere Anima will zuhören, will umarmen, will einfach lieben.
Es braucht beide Seiten, beide Energien – die weibliche und die männliche. Die Midlife-crisis lädt uns ein diese beiden in Balance zu bringen. Ohne den männlichen Anteil geht es auch nicht. Das Männliche in uns muss die erwähnte Verbindung zur Mutter durchtrennen, muss den Rockzipfel loslassen, hinaus in Welt gehen und sich nicht wie „Hänschen klein“ wieder besinnen und in die Sicherheit zurückkehren, nur weil die Mutter ein paar Tränen vergießt.
Männer, die ihre eigene Anima unterdrücken bekommen ein hartes Herz. Sie haben Affären und weigern sich im Grunde alt zu werden. Sie haben Angst zu sterben.
Was können Männer in der Midlife-crisis tun? Einer der besten Wege ist es, sich einer Männergruppe anzuschließen. Denn selbst wenn es eigenartig klingt, aber unter anderen Männern können wir unsere weiblichen Seiten entdecken.
Mehr dazu findest du HIER.