Ich nehme mit vor diesen Satz nur mehr in Ausnahmefällen zu verwenden … und die kommen sehr selten vor. Ok, wenn ich mit zwei gebrochenen Beinen im Krankenhaus liege und mich meine Freunde auf eine Skitour einladen wollen, dann halte ich diesen Satz für einigermaßen gerechtfertigt.
Ansonsten ist diese „Ich kann nicht“-Phrase nur eine jämmerliche Ausrede. Eine Ausrede um unser Gewissen zu beruhigen und uns vor einem Übermaß an Rechtfertigungen zu schützen.
Eigentlich rechtfertigen und entschuldigen wir uns ständig, wenn wir mit jemandem reden. Wir erklären uns und die Gründe, wieso wir etwas gemacht oder nicht gemacht haben in einem Gespräch immer wieder … obwohl das erstens nicht notwendig ist und zweitens in den meisten Fällen unser Gegenüber gar nicht interessiert.
Wir benutzen diese Rechtfertigungen sogar manchmal, um uns selbst zu beruhigen, weil wir uns den Kopf darüber zerbrechen, was andere sonst über uns denken würden.
Aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen Rechtfertigungen und Entschuldigungen?
Einfach gesagt, rechtfertigen wir uns, wenn wir etwas tun, und wir verwenden Entschuldigungen, wenn wir etwas nicht getan haben und unser „Versäumnis“ entschuldigen wollen.
„Ich kann leider nicht vorbei kommen, weil …“
„Ich kann nicht dabei sein, weil …“
„Ich kann dieses oder jenes nicht tun, weil …“
Warum sind wir verdammt nochmal nicht ehrlich und mutig genug um die Wahrheit zu sagen?
„Ich kann nicht“ gibt es nicht!!
Die Wahrheit lautet ganz einfach: „Ich will nicht!“
Wir „können“ in den meisten Fällen. Wir haben nur nicht die Courage zu unserer Entscheidung zu stehen. Wir glauben uns rechtfertigen zu müssen und haben Angst vor den Konsequenzen.
Wir benutzen Rechtfertigungen oder Entschuldigungen, wenn wir dem anderen ein gutes Bild von uns vermitteln wollen und das Gefühl von Bestätigung suchen. Doch im Grunde zeigen wir damit unsere Unsicherheit.
Wir sind unsicher, was unser Gegenüber wohl von uns denken wird und vergessen vollkommen, dass wir das Recht auf unsere eigenen Entscheidungen haben – egal ob sie anderen nun gefallen oder nicht.
Wir alle entscheiden auf der Grundlage unserer Werte, unserer Prioritäten im Leben. Das tun wir immer und überall. Wir (und das trifft auf Männer ganz besonders zu) sollten aber auch den Mumm haben für unsere Entscheidungen einzustehen.
„Ich kann nicht auf die Party gehen, weil ich Kopfschmerzen habe.“ Natürlich könnte ich auch mit Kopfschmerzen diese Party besuchen … das wäre vielleicht kein Vergnügen, aber ich könnte.
Oder ein extremeres Beispiel: „Ich kann nicht auf Urlaub fahren, weil ich mich um meine Kinder kümmern muss.“ Natürlich kann ich auf Urlaub fahren und meine Kinder sich selbst überlassen, aber ich tue es nicht, weil mir klarerweise das Wohl meiner Kinder wichtiger ist als mein Urlaub.
„Ich kann mein Leben nicht ändern, weil ich ja diese oder jene Verpflichtungen habe“, höre ich oft. Klar kann ich, aber ich will nicht, weil ich Angst vor den Konsequenzen habe, denn die gibt es natürlich.
„Ich kann meinen Partner nicht verlassen, meinen Job kündigen und mein Haus verkaufen.“ Sicher wären dass Herausforderungen, aber ich könnte es tun.
Verstehst du, worauf ich hinaus will?
Es ist immer eine Form der Angst, die uns zurückhält. Die Angst unsere Komfortzonen zu verlassen und wahrhaft zu unseren inneren Werten zu stehen. Und je größer die Entscheidungen, desto schwieriger ist es „Ich will nicht“ zu sagen.
Die gute Nachricht ist, dass wir es üben können uns selbst und unseren Prioritäten mehr Raum zu geben.
Ein wesentlicher Schritt dazu ist es aufzuhören „Ich kann nicht“ zu verwenden und stattdessen „Ich will nicht“ zu sagen.
Stehen wir zu uns selbst, egal was andere von uns halten.
Es kann außerdem Spaß machen die Reaktionen unseres Gegenübers zu beobachten …
„Ich will nicht“ ist ja schließlich keine übliche Antwort und gesellschaftlich paradoxerweise weniger akzeptiert, als das „Ich kann nicht“, denn es ist uns als braven Bürgern anerzogen worden unsere Entscheidungen vor anderen zu rechtfertigen.
„Du musst deine Entscheidungen rechtfertigen“, ist ein weit verbreiteter (und falscher) Glaubenssatz.
Du „musst“ gar nichts!
Trotzdem kann es hilfreich sein unserem Gegenüber die Gründe für unser Handeln (oder Nicht-Handeln) zu erklären.
Wenn du es klar und geradlinig machen willst, kannst du auf die häufige Warum-Frage mit einem einfachen „Weil ich eben nicht will“ antworten. Wenn dir die Sache und die Person gegenüber wichtig sind, kannst eine kurze Begründung (keine Rechtfertigung oder Entschuldigung!) geben:
- Komm gleich auf den Punkt und vermeide lange Erklärungen
- Drücke dich klar, direkt und selbstsicher aus
- Zweifle nicht selbst an deiner Begründung und vermeide unwichtige Details
„Ich will nicht“ ist ein ausgezeichneter Grund. Wir haben das gute Recht etwas nicht zu wollen und ebenso das Recht dafür KEINE Begründung abzugeben.
Selbstsichere Klarheit wird von den meisten Menschen gut akzeptiert. Es ist nicht unsere Aufgabe uns zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Es ist unsere Aufgabe zu uns selbst und unseren Entscheidungen zu stehen.
Versuche mal für eine Woche den Satz „Ich kann nicht“ aus deinem Wortschatz zu verbannen und stattdessen „Ich will nicht“ zu sagen … schau was passiert :-)