Konflikte gehören zu einer Beziehung … sie sind sogar Voraussetzung für Vertrautheit. Wir Männer sind schließlich anders als Frauen, sonst wäre es ja furchtbar langweilig. Manche Themen entwickeln sich allerdings im Laufe der Jahre zu regelrechten Minenfeldern … Hier ist dann „Kampf“ (Streit) nötig, d.h. ein plötzlicher (oft lautstarker) Ausbruch von Gefühlen und Ausdruck einer Meinungsverschiedenheit. Wir sprechen hier von echtem Streit, nicht von einer ruhig geführten Diskussion. So ein „Kampf“ ist aber kein Hinweis auf eine grundsätzliche Beziehungskrise. Er kann notwendig sein um z.B. verdrängte Nähe wiederherzustellen (wir alle kennen die enspannende Nähe der Versöhnung). Laut Forschungsergebnisen gibt es unter 10 Paaren nur eines, das nicht streitet … und diese Menschen sind meist überragende Vedrängungskünstler. Viele werden es vielleicht nicht glauben, aber wir können auch fair streiten. Das ist nicht nur möglich, sondern sogar notwendig, wenn eure Partnerschaft halten soll. Methoden wie körperliche Gewalt, Einschüchterungsversuche, Beschimpfungen und Beleidigungen sind generell verboten.

„Fair streiten“ bedeutet:

  • Gefühle ehrlich auszusprechen: „Du hast dich an XY nicht gehalten. Das ärgert mich.“
  • Keine Angriffe auf den Charakter des anderen: „Du hysterische, neurotische Furie.“
  • Nicht davonzulaufen, nicht in Tränen oder unkontrollierte Wutanfälle auszubrechen, sondern dran zu bleiben, bis das Problem gelöst oder ein Kompromiß erreicht ist.
  • Klar und deutlich zu sagen, was ihr wollt und keine Ausreden zu verwenden.
  • Keine anderen Personen, wie etwa die Familie des Partners, hineinzuziehen: „Du bist genauso unzuverlässig wie deine Mutter.“

Streiten verlangt besondere Aufmerksamkeit weil es einen doppelten Zweck erfüllt: Es baut erstens Barrieren zwischen zwei Menschen ab und verschafft endlich einer Botschaft Gehör, die bis jetzt (wegen der Barrieren) nicht gehört wurde. Diese Botschaft ist immer eine positive, selbst wenn sie in negative Worte verpackt wird. Wenn ihre Partnerin mit ihnen streitet, dann deshalb, weil ihr die Beziehung etwas wert ist und sie dafür kämpfen möchte. Wäre sie ihr gleichgültig, gäbe es keinen Grund für Streit. Also Männer … gefährlich wird es dann, wenn wir nie streiten und sich unsere Partnerin abwendet.

Streit gibt uns ausserdem die Möglichkeit Dinge von unserer Partnerin zu erfahren, die ihr sonst nur schwer über die Lippen kommen. Damit der Streit nicht ins Destruktive abrutscht, ist es lebens-, d.h. beziehungsnotwendig streiten zu lernen … darum kommen wir nicht herum.

Hier sind nun die wichtigsten Regeln für faires Streiten (nach Ken und Elisabeth Mellor):

  • Bleibt bei der Sache und kommt nicht auf andere Themen (letzten Monat …, deine Mutter … etc.)
  • Keine Beleidigungen, Schimpfworte oder abschätzige Bemerkungen. Ihr könnt laut werden, spitzfindig oder peinlich genau – aber nie beleidigend.
  • Macht negative Gefühle nicht zu Dauerzuständen. Bleibt in der Gegenwart (Sätze wie „Jetzt finde ich dich zum Kotzen“ oder „Wenn du das tust, vertraue ich dir nicht“ sind durchaus ok). Vermeidet aber pauschale Behauptungen und Worte wie „nie“ oder „immer“.
  • Lauft nicht davon oder spielt die beleidigte Leberwurst und „bestraft“ eure Partnerin nicht durch Schweigen.
  • Vereinbart unbedingt ein Pausensignal. Manchmal wird ein Streit für uns zu heftig (anstrengend, bedrohlich, erschütternd oder es ist der falsche Zeitpunkt). Macht euch ein Zeichen aus, der sofortigen Stopp des Streits bedeutet. Das kann das Handzeichen für „Time-Out“ sein oder einen Hut, den sie sich aufsetzen (das hätte zusätzlich einen komischen Effekt). Eine Unterbrechung allein kann schon viel lösen. Sie können den Streit – falls nötig – später fortsetzen.
  • Unternehmt in Streitpausen (allein) etwas Angenehmes auch wenn ihr nicht in der richtigen Stimmung seid, denn genau darin liegt der Sinn: Ihr erkennt dann schneller, welche Streitthemen erledigt sind und welche eigentlich nur euch selbst betreffen.
  • Geht keine faulen Kompromisse ein, doch bleibt flexibel. Manchmal ändern sich Gefühle während des Streits. Es ist i.A. besser monatelang an einer Sache zu arbeiten und langsam eine Lösung zu finden, als nachzugeben mit dem Gefühl sich selbst untreu zu werden.
  • Akzeptiert das Heute und versucht zu vergessen, was gestern war (das gelingt uns Männern normalerweise besser als Frauen). Überlegt immer wie das Problem heute zu lösen ist. Die Gegenwart ist die einzige Zeit, die zählt.

Vergesst nicht, dass das Ziel jedes Streits mehr Nähe ist. Streit beseitigt Hindernisse und lässt Energien wieder fließen.

Noch ein paar Worte zum Thema Streiten vor Kindern: Es schadet Kindern nicht, wenn Eltern in ihrer Gegenwart streiten – sofern sie die vorangegangenen Streitregeln einhalten und nicht destruktiv werden. Natürlich wird Streit den Kindern meist unangenehm sein, aber er ist immer besser als düsteres Schweigen oder spürbarer, versteckter Ärger. Meist reicht es zu sagen: „Wir schaffen das schon, mischt euch bitte nicht ein. Das hat nichts mit euch zu tun.“ Das gilt für geringe – und das sind die meisten – Auseinandersetzungen. Schwerwiegende Debatten über Arbeit, Sexualität, Ehekrisen etc. solltet ihr nicht in Anwesenheit eurer Kinder führen.

Fair streiten kann nur, wer ein gewisses Maß an Reife mitbringt. Wir alle wissen, wie schrecklich es sein kann, wenn ein Streit eskaliert. Eben deswegen müssen wir lernen fair zu streiten. Streit verhilft zu klaren Verhältnissen und ist ein „Hausputz“ für die Beziehung.

Vergesst aber nicht: Es gibt Punkte, wo wir nicht alleine weiterkommen. Scheut euch nicht Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sei es bei guten Freunden oder guten Beratern oder Therapeuten.