Ein Psychiater hat ein Buch geschrieben. Das ist ja an sich nichts Neues. Psychiater schreiben gerne Bücher, weil Schreiben immer schon eine sehr effiziente Beschäftigung mit eigenen Themen gewesen ist … mitunter sogar eine ausgezeichnete Therapie für hausgemachte Neurosen. Ich schreibe schließlich auch nur über Themen, die mich berühren und etwas in mir bewegen …

Aber zurück zu diesem Buch. Es geht dabei um die Kränkung. Das ist natürlich ein schwammiger Begriff, denn was für den einen eine lebensbedrohliche Beleidigung bedeutet, kann für gelassenere Gemüter nicht mal der Rede wert sein.

Kränkung ist ja keine Emotion an sich, sondern unsere persönliche Reaktion auf eine bestimmte Kommunikationsform. Ein Blick, ein Wort, eine Geste, ein bestimmtes Verhalten – all das kann uns kränken. Je nach Glaubensmuster, Situation und eigener Befindlichkeit.

Wenn mir der Typ aus der der offenen Seitenscheibe seines BMW den Stinkefinger zeigt, schwanke ich auch oft zwischen mitleidigem Lächeln und der Fantasie diesen Arsch in der nächsten Kurve von der Strasse zu drängen.

Kränkung wird aber im Normalfall mit Schwäche verbunden und genau das ist für uns Männer ein Riesenthema. Männer schieben eine Kränkung gerne beiseite … ist ja unmännlich oder wehleidig. Wer will schon als Weichei gelten?

Männer kränken sich viel öfter als sie zugeben.

Kränkungen berühren sensible Punkte in uns, nämlich unsere innersten Werte.

Dinge und Überzeugungen, die uns wichtig sind, werden dadurch in Frage gestellt. Das eigene Selbstbild ist für uns Männer eine besonders heikle Stelle.

Männer möchten sich „mächtig“ fühlen. Sie wollen etwas in der Außenwelt bewirken, etwas Sichtbares und Greifbares erschaffen. Männer haben oft Schwierigkeiten mit inneren Welten umzugehen (z.B. mit starken Emotionen) und deswegen legen sie so viel Wert auf die Veränderung in der äußeren Welt.

Wenn jetzt ein Mensch – im speziellen unsere Partnerin – unsere Fähigkeit in Frage stellt etwas auf die Reihe zu bekommen, so kränkt das zutiefst unsere männlichen Seele.

Was glaubst Du, warum es zu den belastendsten Dingen für einen Mann gehört über längere Zeit arbeitslos zu sein und keine Möglichkeit zu haben etwas im Leben zu bewirken?

Die schlimmste Kränkung für einen Mann ist es, als Versager bezeichnet zu werden.

Frauen schaffen es mit erschreckender Regelmäßigkeit uns beiläufig eine glühenden Holzpfahl ins Herz zu treiben. Meist nicht absichtlich – ich unterstelle den wenigsten Frauen böswillige Motive – aber in emotionsgeladenen Konversationen fallen immer wieder bestimmte Sätze und Formulierungen, die uns Männer treffen.

„Nie bekommst du etwas auf die Reihe!“
„Das schaffst du nie.“
„Wenn unser Sohn so wird wie du … dann gute Nacht.“
„Hast Du heute schon wieder nichts erledigt?“ (mit zynischem Unterton und hochgezogener Augenbraue).
„Nie bringst du etwas zum Abschluss.“
„Immer hast du eine Ausrede parat.“ (Man beachte die Generalisierungen „nie“ und „immer“).

Es gibt hunderte, kleine Beispiele, die von uns Männern als Angriff auf unseren Selbstwert interpretiert werden. Natürlich gibt es Tage, wo diese Dinge an uns abperlen. Doch je belastender die Situation ist, in der wir uns gerade befinden (z.B. Arbeitslosigkeit, Midlife-Crisis usw.), desto heftiger treffen uns solche beiläufigen Aussagen.

Verdrängung ist dabei lebensbedrohlich. Je häufiger wir verdrängen, desto gefährlicher wird es für den Mann. Männer leiden anders als Frauen (lies diesen Beitrag dazu). Alkohol, Computer oder auch häufige Selbstbefriedigung werden als Ventile benutzt um sich zu betäuben.

Natürlich kann eine Kränkung eine Chance sein sich selbst besser kennenzulernen. Fragen wie „Warum kränkt mich das?“ oder „Was berührt das in mir?“ können hilfreich sein. Nur schaffen die wenigsten Männer diese Fragen mit sich allein zu klären.

Lösungsstrategien gibt es einige und alle basieren auf einer achtsameren Form der Kommunikation. In der Partnerschaft, im Freundeskreis, in der Öffentlichkeit und auch der achtsamere Umgang mit sich selbst.

Gerade in meinem letzten Blogartikel habe ich erwähnt wie wichtig es für Jungen (und für Männer) ist gelobt zu werden. Gekränkte Männer stumpfen ab, werden depressiv und in seltenen Fällen sogar gefährlich.

An die Männer:

Redet in entspannten Minuten mit euren Partnerinnen über eure Ängste und Verletzungen. Redet mit anderen Männern über euer Selbstbild. Schreibt euch eure Themen von der Seele (so wie ich es tue) oder belegt einen therapeutischen Malkurs (Malen und Gestalten sind ausgezeichnete Werkzeuge der Heilung).

Tut etwas Kreatives. Grübelt nicht nur. Singt, tanzt, malt, schreibt. Es muss etwas sein, das euer inneres Wesen miteinbezieht. Bloßer Leistungssport zählt hier nicht. Kampfkunst z.B. sehr wohl …

Wir Männer wollen uns nicht kränken … wir wollen krähen (in Anlehnung an Peter Pan)!!